Schwimmen gehört zu seinem Tagesablauf wie die Sprechstunden in seiner Praxis. Dr. Sebastian Dannehl dreht unabhängig von der Jahreszeit seine frühmorgendliche Runde im See, wenn nötig, durch einen Neoprenanzug geschützt. Der Allgemeinmediziner schätzt das Privileg, in der Wasserstadt Fürstenberg/Havel zu leben. Zum Schwimmen gibt es mehr als genug Gelegenheiten. „Ich liebe das hier draußen“, sagt er.

Dabei hätte die Stadt, aus der seine Familie stammt, beinahe gegen Australien verloren. Aber bei der Entscheidung, wo er sich niederlassen möchte, wog schwerer, was schon da war: die Angehörigen, Freunde und Bekannte und eine Praxis, nämlich die seines Vaters. Dabei war die Medizin nicht einmal die erste Wahl für Sebastian Dannehl (48). Als 15-Jähriger begann er Klavier zu spielen, liebte vor allem den Jazz. „Ich habe gebrannt dafür“, erzählt er. Mit dem Unterricht an der Hochschule Hanns Eisler Berlin wuchsen nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch die Befürchtung, nicht zu den Besten zu gehören und als einer von vielen Musikern mühsam seinen Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Das Umsatteln sei eine schwere Entscheidung gewesen, erinnert sich Sebastian Dannehl. Das war 1994. Er studierte in Berlin, wechselte von der Freien Universität zur Humboldt-Uni, promovierte zum Thema Mikrobiologie. Sein praktisches Jahr absolvierte er in Neuruppin. Damals war er enttäuscht davon, wie Deutschland mit seinen Studenten umgeht, wie es in der Forschung läuft und folgte nach einem Abstecher nach Malta, wo er seine Englischkenntnisse verbessern wollte, dem Ruf Großbritanniens, den damals an die 10.000 seiner jungen Kollegen erhörten. In der Nähe von London erhielt er bis 2007 seine Facharztausbildung als Allgemeinmediziner, arbeitete in Kliniken und als Vertretung in Hausarztpraxen. Er lernte viel und war zufrieden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise erschwerte später einen sorgenfreien Blick auf die Zukunft, die Perspektiven schwanden. Und es fehlte etwas sehr Entscheidendes: das Heimatgefühl.


"Ich bin angekommen und wirklich glücklich“".
Dr. Dannehl

Als „erster britischer Facharzt“ kehrte er schließlich nach Oberhavel zurück und wagte das Experiment, wie er es einmal nannte: eine gemeinsame Praxis mit seinem Vater. „Ich bin angekommen und wirklich glücklich“, sagt Dr. Dannehl. „Ich kann mir nicht vorstellen, nicht mehr zu arbeiten. Rente ist für mich ein Unwort.“ In der Großstadt habe er nie leben wollen, aber er kennt andererseits auch die Vorurteile, die seine Berufskollegen gegenüber dem Beruf des Landarztes hegen: viel arbeiten und wenig verdienen, kein Abtauchen in der Anonymität. Aber da hat Sebastian Dannehl eine eigene Strategie: „Man kann so viel oder so wenig arbeiten wie man will. Welche Angebote man macht, wie lange die Sprechzeiten sind, das kann man steuern.“ Außerdem ist eine „gesunde Abgrenzung“ nötig, denn es nütze ja nichts, wenn der Arzt ausgebrannt ist, dann kann er seinen Patienten nicht helfen. Das hat er in Großbritannien gelernt und ist dankbar für die Ausbildung, in der das Augenmerk auch auf die eigene psychische Gesundheit gelegt wird. „Die Hälfte des Glückes ist selbst gemacht.“

Familienfreundlichkeit ist eine Selbstverständlichkeit

Der Fürstenberger Allgemeinmediziner weiß den Grad der persönlichen Freiheit in seiner eigenen Praxis zu schätzen. Zusätzliche Angebote liegen in seinem Ermessen. Einen Kurs belegen, Geräte beschaffen und die Zulassung dafür bei der KV beantragen – diese Möglichkeiten schöpft er aus. Mit seinem Vater habe er den besten Partner, sagt Dr. Dannehl und rät anderen, eine Praxis immer zu zweit zu führen. „Man ergänzt sich und es rechnet sich“, erklärt er und bezieht das nicht nur auf die Öffnungszeiten, sondern auch auf die Angebote und die Art des Umgangs mit den Patienten. Außerdem ist er froh über seine Mitarbeiterinnen, gute Arzthelferinnen, mit denen eine Praxis erst funktionieren kann. Familienfreundlichkeit ist deshalb eine Selbstverständlichkeit. Und auch Dr. Dannehl senior kann durch die Kooperation mit seinem Sohn sein Arbeitspensum selbst bestimmen. „Für ihn kommt im Moment kein Aufhören in Frage, obwohl er etwas weniger Sprechstunden anbietet und keinen ärztlichen Notdienst mehr übernimmt“, so Dr. Sebastian Dannehl. „Sollte mein Vater wirklich eines Tages nicht mehr arbeiten können oder wollen, werde ich sehen, wie ich die Praxis weiterhin führen kann.“ Wahrscheinlich wird er nach Unterstützung suchen, aber dafür muss alles zusammenpassen.

Würde er jetzt noch mit Australien oder mit einem großen Krankenhaus tauschen? Bestimmt nicht. Schon gar nicht jetzt, wo er eine Partnerin gefunden hat, die seit drei Jahren als seine Ehefrau sein Glück in Fürstenberg teilt.